16 Dez Haushaltsrede des Vorsitzendenden der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Kleve: Georg Hiob, zum Haushalt 2023
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadtverordneten,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir haben das Jahr 2022 und als wir in das Jahr gingen, wussten wir schon, es wird nicht leicht. Die Folgen von Covid sind zu schultern und das gesellschaftliche Leben musste aus der Distanz zurück zum normalen Miteinander. Aber wir waren optimistisch, die steigende Impfquote löste uns aus den Fesseln von Covid und bundespolitisch verspürte man Tatendrang, die Gesellschaft zu mehr Ökologie und Chancengleichheit zu verändern. Die Versprechen und Pläne waren beeindruckend und der Zeitplan ambitioniert.
Doch dann kam der 24. Februar und es begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Aus geplantem politischem Handeln wurde hektische Agieren und wir befinden uns seitdem in einer Situation, die es in der Bundesrepublik Deutschland so noch nie gab.
Am 27. Februar hielt unser Bundeskanzler Olaf Scholz seine bekannte Rede, in der er von einer Zeitenwende spricht. Zurück zu Kleve, was bedeute das für uns?
Am 22. August lädt uns der Kämmerer Klaus Keyers zu einer ersten Konsolidierungsrunde – etwas, was wir nicht für möglich hielten, als wir den Haushalt 2022 verabschiedeten. Was ist Konsolidierung?
Konsolidierung im Hinblick auf die Umwandlung kurzfristiger Schulden in langfristige kann es bei Privatpersonen, Unternehmen, Staaten oder deren Untergliederungen wie Bundesländer oder Gemeinden geben. Bei haushaltsführenden Körperschaften wird von Haushaltskonsolidierung gesprochen. Die Schuldner können ihre einfachen Schulden oder auch in Anleihen verbrieften Schulden konsolidieren. Ziele können allgemein eine Entzerrung der Rückzahlungsbelastungen zwecks Liquiditätsentlastung, die Sicherung eines niedrigeren langfristigen Festzinssatzes, die Verbesserung des Bilanzbildes (Kapitalstruktur) oder der Haushaltsausgleich sein. Konsolidierung kann als reguläre Maßnahme ergriffen werden, um diese Ziele zu erreichen. Sie kann aber auch als Bestandteil einer Sanierungsphase genutzt werden.
Zusammengefasst heißt das, wir geben mehr aus als wir einnehmen und das geht auf Dauer nicht gut. Nun sind wir in Kleve in der komfortablen Situation, dass wir eine gut gefüllte Rücklage haben und nun auch nicht panisch handeln müssen. Doch der Kämmerer tat gut daran, uns frühzeitig mit ins Boot zu holen und mit offenen Karten zu spielen. Unser politisches Handeln muss sich der Situation anpassen und Prioritäten müssen neu gesetzt werden.
Schnell war uns klar, was wir nicht wollen. Keine Streichungen bei den Freiwilligen Leistungen. Den gesellschaftlichen Akteuren, Vereinen und bürgerlichen Gruppen Mittel zu streichen, die schon durch Covid stark gelitten haben und die nun die entstehenden gesellschaftlichen Spannungen mit auffangen müssen, wäre äußert unglücklich.
Uns als CDU war klar, dass wir den von uns mit vorangetriebenem Ausbau der Schullandschaft auf keinen Fall gefährden wollen. Diese Investitionen sind für die Zukunft unserer Stadt wichtig, sie sind für die Bildung unserer Kinder und machen unsere Stadt attraktiv. Wir wollen im Kreis die Stadt sein mit der modernsten und vielfältigsten Schullandschaft.
Genauso sind die Investitionen in unsere Sportlandschaft wichtig für unsere Vereine und Bürger. Sie sorgen für unsere Volksgesundheit und sind ein wichtiges Mittel im täglichen Tun, um mal den Kopf frei zubekommen. Besser als jede Pille!
Nicht zuletzt der Ausbau der Feuerwehr sorgt für Sicherheit in unserer Stadt und ein vernünftiges Arbeitsumfeld für die Kameradinnen und Kammeraden der Freiwilligen Feuerwehr. Euch ein herzliches Dankeschön für euren ehrenamtlichen Einsatz.
Bildung, Sport und Sicherheit, diese drei Säulen, müssen trotz der Konsolidierung weiter vorangetrieben und beschlossene Maßnahmen umgesetzt werden. Dafür steht die CDU! Das ist uns wichtig – und dafür muss dann auf anderen Gebieten verzichtet werden.
Denn: Wünsche gibt es viele, sei es eine Marina für Kleve, in der man mit dem Boot im Rilano einchecken kann. Oder der Ausbau unseres Tiergartens zu einem bürgernahen Zoo, der seinesgleichen sucht. Findet auch die CDU großartig – wenn das Geld dafür da wäre! Es sind auch die kleinen Dinge, wie ein bisschen mehr Kultur hier oder mal eben die Verlängerung einer beliebten Buslinie. Dinge wo wir uns als CDU nicht sperren, doch wenn man Konsolidierung ernst nimmt, geht das im Moment nicht. Nein sagen ist nicht leicht, doch gehört zu verantwortlichem Handeln.
Die politische Arbeit im Jahr 2022
Es ist wunderbar, dass wir wieder in Präsenz tagen können und im dafür eingerichteten Ratssaal, wo das Diskutieren einem viel leichter fällt.
Neben dem Rat gibt es noch 17 Ausschüsse und dazu noch Unterausschüsse und andere Gremien. Ich selbst bin davon in 7 Ausschüssen und zwei von diesen beschäftigen mich überproportional.
Zum einen der Ausschuss für Klima- Umwelt und Naturschutz. Eines ist unstrittig: Es gibt viel zu tun und die Zeit läuft uns davon auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft unserer Stadt. Manches ist leider nicht mehr aufzuhalten und wir müssen lernen, mit den Veränderungen zu leben und noch Schlimmeres zu verhindern. Es ist richtig, Umweltschutz fängt bei jedem selbst an und auch als Kommune muss man Verantwortung zeigen. Doch die Ziele werden nicht schneller erreicht, wenn bei Diskussionen zu Anträgen jeder das wiederholt, was der Vorredner gesagt hat und zudem noch etwas obendrauf setzt, um sich selbst ins rechte Licht zu rücken. Wir diskutieren oft endlos und kommen in der Sache keinen Millimeter weiter. Die Anzahl der wirklichen Beschlüsse ist überschaubar und so manche Sitzung hat mehr den Charakter einer Fortbildung als den eines Ausschusses. Vergessen wir nicht, dass ein Ausschuss ein beschließendes Organ ist.
Der andere Ausschuss, welcher uns viel beschäftigt, ist der Ausschuss für Verkehrsinfrastruktur und Mobilität. Sicher haben die beiden Ausschüsse eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, unsere Gesellschaft zur Klimaneutralität umzubauen. Doch dafür sind sie thematisch oft zu einseitig besetzt. Deswegen heißt bei mir der AVIM auch nur noch „Ausschuss für Radverkehr und Binnenschifffahrt“. Radverkehr ist immer auf der Tagesordnung – und wenn wir auch nur stundenlang über Piktogramme auf der Straße diskutieren. Auch das Thema „Schleuse“ – spätestens gebetsmühlenartig zum Tagesordnungspunkt Anfragen. Eine Schleuse hat mit dem Thema Nachhaltigkeit und sich auf dem Weg machen zur CO²-Neutralität nichts zu tun. Auch ist die private Binnenschifffahrt kein wertvoller ökologischer Baustein, wie zum Beispiel das Lastenrad. Es ist reiner Luxus, den man haben kann, aber nicht muss. Doch es gibt vielleicht touristisches Potenzial, welche für eine Stadt nicht zu verachten ist. Aber ich frage mich allen Ernstes, wer fährt freiwillig in eine Sackgasse? Bei großzügig gerechneten 1000 Booten und den geschätzten jährlichen Unterhaltskosten von 320.000 €, müssten dem Besucher die Besichtigung von Kleve 320 € wert sein. Ehrlich gesagt, das geht auch billiger. In welchem Verhältnis steht das? Wer will das?
Wir müssen mutiger werden und weg von diesen „einfachen Lösungen“. Lasst uns zum Beispiel mehr über Einbahnstraßen nachdenken, um so eine Spur frei zu räumen, für den nötigen Umbau des Urbanen Verkehrs. Eine Spur für ÖPNV und alle Arten des Radverkehrs, der dann so schnell wird, dass er dem Auto zu Konkurrenz wird. Piktogramme und bunte Streifen sind keine wirkliche Veränderung.
Bauen und Wohnen in Kleve
Der Druck auf dem Wohnungsmarkt ist nach wie vor hoch und wir haben Glück, Kleve gehört zu den Städten die attraktiv sind, wo man wohnen will. Der Raum ist begrenzt, besonders wenn es um Baufelder für Ein- und Zweifamilienhäuser geht. Sobald freie Flächen in die Vermarktung gehen, ist die Anfrage größer als das Angebot. Wir von der CDU geben den Tiny-Houses eine Chance, da sie für den ein oder anderen eine Lösung darstellen können.
Dann gibt es da die großen Bauflächen, wo Investoren schon mit den Hufen scharren. Es ist nicht von der Hand zu weisen, die Wohnungen werden gebraucht. Doch hier sollten wir als Politik uns nicht unter Druck setzen lassen, Neuschaffung von solchen großen Quartieren bedarf eine kritische Diskussion. Man muss mit dem Investor gemeinsam ringen, die Punkte Ökologie, Verkehr und Integration in die bestehende Infrastruktur muss gelingen. Dazu braucht man nicht unbedingt einen Masterplan, sondern einen offenen Dialog mit dem Investor und die Politik muss wissen, was sie will.
Mut bedarf es nicht nur um neue Weg zu gehen, sondern auch um endlich unvollendete Dinge zu Ende zu bringen. Hier meine ich den Minoritenparkplatz, eine der letzten offenen Wunden in unserer Stadt. Ich denke, es wäre nicht zuletzt für die Attraktivität unserer Innenstadt notwendig, hier endlich zu einer Lösung zu kommen. Hier sage ich auch, nur Mut, das müssen wir nun angehen.
Dann bin ich auch in einem Ausschuss, von dem hört man fast nichts. Doch er ist finanziell von Gewicht und bewegt eine Menge. Es ist schön und beruhigend zu sehen, wie gut Verwaltung und Politik im Bereich der Jugendhilfe zu zusammenarbeiten. Kontinuierlich wird das Angebot und die Betreuung ausgebaut und verbessert. Der Bereich war nie Thema der Konsolidierung. Dafür Dank an alle Beteiligten für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Gewissheit, dass die Zukunft unserer Jugend immer an erster Stelle steht.
Mein besonderer Dank gilt denen, die sich um Menschen kümmern, die unserer Stadt zugewiesen werden. 2015 haben wir von einer Flüchtlingskrise gesprochen und dieses Thema war beherrschend. Nun haben wir in diesem Jahr schon mehr Flüchtlinge aufgenommen als damals – und man hört fast nichts dazu. Die Anstrengungen sind gewaltig, doch sie werden gemeinsam von Verwaltung, sozialen Organisationen und Bürgerschaft geleistet. Dafür unseren aufrichtigen Dank! Das ist wahre, gelebte Willkommenskultur. Ich bin stolz, in so einer Stadt zu leben.
Weiterer Dank gilt im besonderen Alina Grömping und Judith van Soest, die als direkte Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung so einige Launen von uns Kommunalpolitikern zu ertragen haben.
Dank auch an die gesamte Verwaltung, die Verwaltungsspitze für die geleistete Arbeit und die vielen vertrauensvollen und guten Gespräche.
Ich komm zum Schluss. Die CDU-Fraktion wird diesem Haushalt zustimmen. Ja, es ist nötig die Rücklage zu beanspruchen, um diesen Haushalt auszugleichen, doch wir wissen ja auch warum. Wir investieren sehr viel und was wir investieren, ist für die Bürger unserer Stadt. Es sind keine Luftschlösser, sondern Bildung, Sport und Sicherheit, in die wir investieren und von denen Generationen noch etwas haben werden. Deswegen kann ich zusammenfassen, unserer Stadt geht es gut und wir sollten positiv in die Zukunft schauen, gebündelt agieren und sinnvoll investieren.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.